Staatsbankrott in Italien?

02.04.2020

Italien ist aktuell am stärksten von der Ausbreitung von COVID 19 betroffen. Die Regierung versucht mit Milliardenhilfen gegenzusteuern, doch kann sich das Italien überhaupt leisten? Die Wirtschaft war schon vor Beginn der Krise angeschlagen und der Staat schiebt einen Schuldenberg in Höhe von knapp 2,4 Billionen Euro vor sich her. Als 2010 die Eurokrise begann, wackelte Italien bedenklich, nun ist die Lage noch viel schlimmer, kann ein Staatsbankrott überhaupt noch verhindert werden?

Gegenwärtiger Stand

Die 2,4 Billionen Euro Staatsverschuldung verteilen sich auf die italienische Bevölkerung auf gute 35.500 Euro pro Kopf. Das ist an sich kein hoher Wert, denn die Italiener verfügen über ein vergleichsweises hohes Pro Kopf Vermögen. Der Median liegt bei ungefähr 83.300 Euro und damit mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise in Deutschland [1]. Dieses Vermögen ist allerdings in Immobilien gebunden, eine Wohnung zu mieten ist in Italien eher unüblich. Die Regierung kann also nicht ihre Bürger zwingen die Staatsschulden zu übernehmen, das Vermögen ist nur zum auf dem Papier vorhanden, sobald eine Verkaufswelle auf dem Immobilienmarkt in Italien beginnen würde, hätte das auch einen Verfall der Immobilienpreise zur Folge. Eine hohe Staatsverschuldung löst man am besten mit einem hohen Wirtschaftswachstum, was üblicherweise die Steuereinnahmen nach oben treibt. Leider sieht da der Trend auch nicht gerade rosig aus. Die Staatsverschuldung ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen, aber das Bruttoinlandsprodukt ist seit dem gesunken.

Aktuelle Entwicklung

Als Anfang 2010 die letzte Schuldenkrise begann, stiegen die Renditen zehnjähriger Anleihen von Griechenland auf über 5 % bei einem Leitzins von 1 %. Wie schnell ein Anstieg auch jetzt gehen kann, konnte man Mitte März beobachten. Christine Lagarde enttäuschte zunächst mit einem zu zaghaften Rettungsprogramm, worauf die Renditen zehnjähriger Anleihen von Italien in der Spitze auf 2,1 % stiegen, wohlgemerkt bei einem Leitzins von 0 %. Mittlerweile hat die EZB nachgebessert und die Rendite ist auf 1,5 % gefallen. Dennoch Italien ist den Kräften des Kapitalmarkts voll ausgesetzt. 33 % Prozent der Staatsschulden werden von Investmentfonds bzw. ausländischen Finanzinstituten gehalten [2]. Letztere sind bei leichten Kursschwankungen besonders empfindlich und verstärken mit ihren Verkäufen den Anstieg der Renditen.

Weitere 36 % der Staatsschulden werden von italienischen Haushalten oder inländischen Finanzinstituten gehalten. Spätestens wenn Ratingagenturen den Daumen senken, werden auch diese keine neuen Anleihen mehr kaufen. Der Nachteil an Anleihen ist, dass sie rollieren, sprich sie laufen aus und es müssen neue Anleihen ausgegeben werden. Für den kommenden Monat hat Italien einiges zu refinanzieren. Es laufen allein bis zum 1. Mai Anleihen in Höhe von 30 Mrd. Euro aus [3]. Hinzu kommt ein beschlossenes Rettungsprogramm in Höhe von 25 Mrd. Euro Neuschulden. Darüber hinaus wird schon an einem neuen Rettungsprogramm gearbeitet, dass ebenfalls noch mal mit 25 Mrd. Euro zu Buche schlagen soll. Vermutlich wird also das italienische Finanzministerium allein im kommenden Monat 80 Mrd. Euro am Markt aufnehmen wollen. Fraglich ob die Märkte hierfür bereit sind, die Liquidität zu stellen und vor allem zu welchem Preis. Die italienische Regierung scheint selbst Zweifel daran zu haben und schlägt entsprechend Coronabonds vor. Das sind Anleihen mit einer gemeinsamen Haftung aller Eurostaaten. Die deutsche Regierung hat sich stets ablehnend dazu geäußert, Italien aber nicht zu helfen ist wohl auch keine Option. Entsprechend wird wohl am Ende die EZB hinhalten müssen. Letztlich ist über die EZB eine gemeinsame Haftung längst Realität und so könnte man gesichtswahrend Italien helfen, indem mit einem unbegrenzten Aufkaufprogramm italienischer Staatsanleihen die Renditen niedrig gehalten werden. Sollte das nicht geschehen, ist ein Staatsbankrott tatsächlich wohl unausweichlich.

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